Oberhof - Manfred Stengl ist 70 Jahre alt und kommt aus Erfurt. Der pensionierte Polizist steht am gestrigen Sonntag als Erster in der gut 100 Meter langen Menschenschlage am Seiteneingang des Oberhofer "Haus des Gastes". Gemeinsam mit zehn Freunden aus Aachen (NRW) und dem Harz möchte er zu den ersten Fans gehören, die für die Weltmeisterschaften im Biathlon 2023 die heiß begehrten Tickets abstauben.
Seit dem späten Samstagnachmittag kampiert die kleine Gruppe Hardcorefans auf dem Parkplatz im Stadtzentrum. „Wir sind knallhart. Wir leben den Mythos Oberhof. Dieser Vorverkauf ist für uns schon Teil des Sportevents“, berichtet er euphorisch und um 10.15 Uhr spürbar angespannt. „Es wird Zeit, dass es losgeht. Es ist hier als würde man seine Familie nach langer Zeit wieder treffen“, beschreiben Veronika und Albert Ulrich, die über 450 km angereist sind, ihre Gefühlswelt.
Während auf dem Stadtplatz auf der großen Bühne Biathletin Vanessa Voigt und die Rennrodeler Johannes Orlamünder, Paul Gubitz, Moritz Bollmann und Sebastian Bley den Cowndown bis auf null zählen, dreht sich der Schlüssel der Eingangstür zum Vorverkaufsraum um exakt 10:23 Uhr. Stengl und seine Truppe sind tatsächlichen die Ersten, die von der Geschäftsführerin der Tourismus GmbH Oberhof, Juliane Arndt die personalisierten Tickets entgegennehmen. „Wir gehen in die ARENA. Von Anfang an, sind wir dabei. Früher standen wir an einem Hang und bald erleben wir das neuen Stadion. Ich freu mich wahnsinnig, bin erleichtert und überglücklich. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen“, berichtet Stengl bereits 10:25 Uhr mit den Tickets in den Händen.
Alles in der "Oberhof Information" läuft reibungslos. Die Personalisierung klappt, auch erste Rodeltickets werden verkauft. Indes bleibt die Schlange vor dem "Haus des Gastes" bis zu den Mittagsstunden nahezu gleich lang. Immer wieder kommen Fans dazu. Der Blick auf die Autonummernschilder und die gesprochenen Dialekte lässt eine bunte Mischung vermuten. Aus Bayern, Brandenburg und der ganzen Republik sind sie gekommen, um sich ihre Tickets zu sichern.
Als um 17:00 Uhr der Vorverkauf für diesen Sonntag schließt, sind die Zahlen für beide Events nicht nur in Oberhof, sondern auch auf den Onlineportalen beachtlich. Bereits nach wenigen Stunden wurden für die Biathlon-WM 1.800 Tickets geordert, für die Rennrodel-WM über 200. Insgesamt 800 Gäste pilgerten zudem zum parallel stattfindenen Familienfest auf den Oberhofer Stadtplatz.
DER MYTHOS OBERHOF LEBT
Vor Ort nutzen viele der Ticketkäuferinnen und Ticketkäufer die Zeit nicht nur für den Kauf der „heißen Ware“, sondern tauchten auf dem Stadtplatz gleich noch ein, in diese besondere Oberhofstimmung. Die Ausrichter von Rennrodeln und Biathlon unterstrichen dort ein weiteres Mal ihren Anspruch gemeinsam für die Weltmeisterschaften in 2023 zu werben und diese zu Sportevents für die gesamte Familie zu machen. Besonders beliebt an diesem Tag waren das Biathlon-Laserschießen und die mobile Rennrodelstartanlage. „Was wir hier erleben, ist eine sinnbildliche Brücke zu den Weltmeisterschaften. Wir sehen, dass wir mit den Events gerade Kinder und Jugendliche wieder für den Sport begeistern können. Die Weltkämpfe und das Drumherum sind Magneten für den Sport“, zeigt sich der Präsident der Thüringer Schlitten- und Bobsportverbandes Andreas Minschke sichtlich erfreut, während Doppel-Juniorenweltmeister Paul Gubitz auf der kleinen Testbahn einem Kind die richtige Stadtposition erklärt.
Biathlon OK-Chef Thomas Grellmann führt an diesem Tag viele Gespräche und dürfte auch nach dem letzten Weltcup, der pandemiebedingt ohne Zuschauer stattfand, erleichtert darüber sein, dass es nun wirklich losgeht. „Der Mythos Oberhof lebt. Der Zug zur WM 2023 ist auf dem Gleis und er nimmt Fahrt auf. Der Zuspruch auch von den Leuten aus der Region und dem gesamten Freistaat zeigt, dass unsere gemeinsame Arbeit Früchte trägt“, schildert er seinen Eindruck und ergänzt: „Wir dürfen nicht nachlassen, zu unterstreichen, dass die zwei Weltmeisterschaften nicht nur für die Sportbegeisterten und Fans sein sollen, sondern dass wir eine Region und ein ganzes Land mitnehmen wollen. Heute haben wir einen würdigen Auftakt dazu erlebt.“ (sl)